(Autor: Simone Meier) Nicht erst seit diversen Amokläufen und andersartigen Gewaltausbrüchen machen sich Eltern, Lehrer und auch Wissenschaftler Gedanken über die Wirkung von gewaltverherrlichenden Computerspielen. Dass die Medien in ihrer ganzen Vielfalt einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Einzelnen nehmen können, ist seit Langem bekannt. Doch inwieweit können Computerspiele die Entwicklung eines Kindes stören – und wenn sie es tun: Welches Konsumverhalten muss der Spieler an den Tag legen, dass man von einem tatsächlichen Einfluss überhaupt sprechen kann?
Kinder, die nur ab und zu einmal für eine Stunde in die virtuelle Welt abtauchen, werden wohl kaum die potenziellen Gewalttäter von morgen. Und dennoch muss man sich fragen: Ist es möglich, dass Computerspiele, vor allem die mit gewaltverherrlichenden Inhalten, eine Kettenreaktion aggressiven Verhaltens auslösen können?
Gewaltspiele können förderlich sein – ein höchst fragwürdiger Ansatz
Während sich die einen Forscher sicher sind: Killerspiele machen aggressiv, sehen andere eine gar förderliche Wirkung in einer derartigen Freizeitbeschäftigung. (Vgl. Fachbeitrag zum Thema „Die Gewalt in der Maschine“ Gieselmann, H. 2000). Dieser Standpunkt geht aber davon aus, dass die Spieler grundsätzlich in der Lage sein müssen, die virtuelle von der realen Welt unterscheiden zu können. Das heißt, diese Unterscheidungsfähigkeit stellt eine Grundvoraussetzung dar, sich bedenkenlos gewaltverherrlichenden Inhalten hingeben zu können. Weitergedacht kann diese Annahme zu folgenden Schuss führen: All diejenigen, denen aus unterschiedlichen Gründen – sei es nun ein zu junges Alter, eine psychische Erkrankung, eine intellektuell eingeschränkte Entwicklung oder unter Alkoholeinfluss stehend – eine derartige Fähigkeit, wenn auch nur vorübergehend, verwehrt bleibt, begeben sich auf „Glatteis“. Dennoch: Ein Spieler, welcher die virtuelle Aggression von der realen unterscheiden kann, dem kann ein "gespielter“ Wutausbruch durchaus dienlich sein. So sagen es zumindest die Forscher. Das Gefühl von Macht, Kontrolle und Stärke könne die Persönlichkeit reifen und wachsen lassen. Versagensängste sowie traumatische Erlebnisse könnten aufgearbeitet und vielleicht sogar "beseitigt“ werden. Nun gut. So weit also die Forschungsergebnisse. Forscher sagen aber auch das:
Killerspiele mindern die Empathiefähigkeit mancher Kinder
Im Handbuch Medien: Computer-Spiele (1997; Seite 229) gibt Fritz J. zu bedenken: Die Rahmenkompetenz, die virtuelle Realität von der realen unterscheiden zu können, könne von Spielen, welche reelle Begebenheiten widerspiegeln (zum Beispiel in Militärsimulationen), untergraben werden. Dies könne zur Folge haben, dass der Spieler möglicherweise virtuelle Aggressionen auf Alltagssituationen übertrage. Auch eine verminderte Empathiefähigkeit könne das Resultat solcher Spiele sein. Studien konnten belegen (Handbuch Medien: Computer-Spiele; Steckel & Trudelwind: Aggression in Videospielen 1997), dass tatsächlich ein Zusammenhang zwischen "ausartenden“ Konsum von Gewaltspielen und Aggressionen besteht. Es zeigte sich: Kinder, welche nicht nur Gefallen an derartigen Spielen fanden, sondern die autoritären Inhalte für gut hießen, wiesen eine nur eingeschränkte Empathiefähigkeit auf.
In Maßen, nicht in Massen
Inwieweit Killerspiele die Entwicklung eines Kindes stören oder fördern können, hängt sicherlich zu einem nicht unerheblichen Teil davon ab, welches Konsumverhalten der Spieler an den Tag legt. Wie fast überall im Leben kann die Lebensmaxime "In Maßen, nicht in Massen“ einen ersten Anhaltspunkt bieten. Auf der sicheren Seite ist man, wenn man die Finger grundsätzlich von solchen Spielen lässt. Wobei sich die Frage stellt, ob Moorhuhnschießen auch schon zu Gewaltspielen zählt. Wenn, dann lässt sich erklären, warum so mancher Arbeitnehmer nach seiner Mittagspause einen eher doch angespannten Gesichtsausdruck an den Tag legt … Und fast so sicher wie das Amen in der Kirche liegt das dann an der tendenziellen Bereitschaft, armen Moorhühnern den Gar auszumachen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen